Krieg in den Medien: „Mit Kinder darüber sprechen, sie aufklären und ablenken.“

Am 24. März 2022 drehte sich die „Radio Burgenland Sprechstunde“ über die Auswirkungen der Kriegsberichterstattung auf die Psyche von Kindern. ORF-Moderator Sebastian Györög sprach mit der Kinderpsychiaterin und stellvertretenden ärztlichen Leiterin für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Sozialen Dienste Burgenland, Dr.in Michaela Fried.

Bei der aktuellen Medienflut, wenn der Fernseher den ganzen Tag läuft und die Kinder Nachrichtensendungen wie „Zeit im Bild“ sehen, könne man den Kindern nichts über die aktuelle Kriegssituation verbergen. „Wichtig ist, dass man eine Art Medien-Hygiene vornimmt und den Fernseher nicht den ganzen Tag eingeschalten lässt. Wenn ich mich als Erwachsener informieren möchte, dann zu einer Zeit, wo die Kleinsten schon im Bett sind“, meint Dr.inMichaela Fried. Kleinen Kinder und auch noch im Volksschulalter sollte man noch keine Nachrichtensendungen zeigen. Ab der Mittelschule sei es bereits möglich, davor sollte man den Kindern eher Zeitungsartikel und Bilder näherbringen.

Auf die Frage, wie man mit Kindern nun über die aktuelle Situation reden solle, erklärt die Kinderpsychiaterin: „Wir sprechen immer altersentsprechend mit den Kindern und fragen, was sie wo gehört oder gesehen haben, welche Kanäle sie beziehen und wer was mit ihnen in der Klasse teilt. Dabei können Sorgen auftauchen, mit denen wir gar nicht rechnen. Beispielsweise was denn passiert, wenn es keinen Strom oder Gas gibt oder ob bei uns auch eine Bombe einschlagen kann.“

Kindern altersgerecht erklären, was Krieg bedeutet

Kindern solle man altersgerecht versuchen zu erklären, was ein Krieg sei. „Bei einem Kindergartenkind könnte man sagen: Du kannst Dich an einen Streit erinnern, den du gehabt hast beispielsweise mit einem Freund oder deinem großen Bruder. In dem Streit ging es darum, dass einer etwas haben wollte, was der andere hatte. Dann habt ihr miteinander geschimpft und sogar gerauft. Sowas gibt es auch im Großen. Ein Präsident will ein Land haben, glaubt es gehört ihm, aber in Wirklichkeit tut es das nicht. Aber er glaubt, es muss ihm gehören. Dann spitzt sich der Streit immer mehr zu, bis er seine Panzer und Soldaten schickt.“

Während es bei kleinen Kindern noch möglich ist, den Medienkonsum strenger zu kontrollieren, werde es ab dem Schulalter immer schwieriger. Bei älteren Kindern werden zwangsläufig Nachrichten und Bilder aufgeschnappt. „Man sollte auf das Kind zugehen und gerade bei den Älteren realistisch sagen: Ja, es ist Krieg zwischen Russland und der Ukraine, aber Europa steht geschlossen dafür ein, dass es nicht weiter eskalieren wird. Den Menschen, die auf der Flucht sind, wollen wir helfen. Umso älter das Kind ist, umso offener können wir auch mit ihm reden“, erklärt Dr.inMichaela Fried. Nichtsdestotrotz sei es wichtig, sich nicht mit Bildern aus der Berichterstattung „zuzuschütten“, denn das sei für niemanden gut. Man sollte dabei auf keinen Fall die eigenen Ängste auf die Kinder übertragen, sondern eher mit ihnen besprechen, was man konkret tun könne, um Energie zu sparen.

Die Hoffnung, dass der Krieg bald ein Ende hat, sollte man aber auf alle Fälle weitergeben: „Wir können den Kindern sagen, dass wir zuversichtlich sind und das Beste daraus machen. Es ist legitim und wichtig, Angst zu haben, traurig, enttäuscht oder verzweifelt zu sein. Man darf sich aber davon nicht lähmen lassen und sollte sich auch als Erwachsener damit auseinandersetzen, bevor man mit den Kindern darüber rede. Dann kann ich auch sagen, ich habe Hoffnung, dass es besser werden wird.“

Anzeichen für Überforderung

Die Bilder der letzten Wochen können sich in den Köpfen sehr schnell einbrennen, es gibt Anzeichen dafür, wenn ein Kind damit nicht fertig wird und überfordert ist. So können Kinder plötzlich verstört oder traurig werden, manche beginnen zu Bettnässen, manche zeigen Verhaltensweisen, die man so nicht kenne. „Wenn mir auffällt, dass das Kind in letzter Zeit reizbarer ist, schlecht schläft, weint, Augenringe hat oder trauriger wird, sollte man sich mit dem Kind zusammensetzen und dies ansprechen. Man sollte dem Kind vorschlagen, miteinander etwas zu unternehmen, die frühlingshaften Temperaturen zu nützen und sich jeden Abend hinzusetzen und miteinander daran zu arbeiten, wie man die Situation verbessern kann“, so die Kinderpsychiaterin.

Die Kinder und Jugendlichen könne man mit Dingen ablenken, die sie glücklich machen. „Wichtig bleibt aber, die Kinder auf ihre Sorgen anzusprechen. Manche Kinder zucken dann nur mit den Schultern, es ist aber wichtig sich damit auseinanderzusetzen. Wenn man dann sieht, dass es schlimmer wird, sollte man Hilfe aufsuchen“, erklärt Dr.inMichaela Fried.

Unterstützung für Eltern

Wenn man als Elternteil überfordert sei, gibt es Möglichkeiten, Unterstützung zu bekommen: „Bei Rat auf Draht, der Notrufnummer 147, können Eltern, aber auch Kinder anonym anrufen. Bei kirchlichen Vereinen oder der Jugendwohlfahrt kann man sich ebenfalls informieren. Als wichtige Institution gibt es den Psychosozialen Dienst als Teil der Sozialen Dienste im Nord- und Südburgenland, wo man anrufen kann, wenn man das Gefühl hat, dem Kind geht es schlecht. Dort wird man beraten, wie eine Unterstützung erfolgen kann.“

Die Sozialen Dienste sind entweder per E-Mail unter office@soziale-dienste-burgenland.at oder per Telefon unter 05/7979 20010 erreichbar.

Jeden zweiten Donnerstag auf Radio Burgenland

Die „Radio Burgenland Sprechstunde“ wird jeden zweiten Donnerstag von 15 bis 16 Uhr auf Radio Burgenland ausgestrahlt. Ärztinnen und Ärzte der KRAGES sowie Mitarbeiterinnen und  Mitarbeiter der Sozialen Dienste GmbH antworten in der Sendung auf Fragen der Moderatorinnen und Moderatoren zu aktuellen Gesundheitsthemen.

"Radio Burgenland Sprechstunde" - Landesstudio Burgenland (orf.at)