Künstliche Hüfte: „Die Reha beginnt direkt nach der Operation“

Oberarzt Dr. Werner Maurer-Ertl von der Abteilung für Orthopädie und Traumatologie im Krankenhaus Güssing sprach über das Thema „Künstliche Hüfte“ in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 23. November 2022 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner. 

Abnützungserscheinungen oder Arthrosen können alle Gelenke unseres Körpers betreffen. Oberarzt Dr. Werner Maurer-Ertl erläutert die Probleme, die beim Hüftgelenk auftreten können: „Das Hüftgelenk ist ein sogenanntes Kugelgelenk. In manchen Fällen kommt es zu einem mechanischen Problem, wo es zu einer Einklemm-Symptomatik kommt, die Schmerzen hervorruft. Meistens kommt es aber im Laufe des Lebens zu Abnützungen, durch die ein Arthroseschmerz mit Entzündungen entsteht.“

Vorbeugung und Behandlungsmöglichkeiten

Prinzipiell sei Bewegung die beste Vorbeugung gegen Hüftschmerzen, wobei runde und lockere Bewegungen wie beim Radfahren, Schwimmen und Wandern optimal seien. „Wenn die Hüfte schon Schmerzen verursacht, gibt es als Basistherapie die Möglichkeit von Schmerzmitteln. Als nächster Schritt folgt die Physiotherapie, um das Gelenk wieder schmerzfrei bewegen zu können“, erklärt Dr. Maurer-Ertl zu den Therapiemöglichkeiten bei Hüftschmerzen. Wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sei eine Hüftoperation die letzte Alternative, um ein schmerzfreies Leben und Gehen zu ermöglichen. Eine Hüftarthrose (Coxarthtrose) sei ein Prozess über eine lange Zeit, ob es zu einer Operation kommt, werde an mehreren Kriterien festgemacht. „Wenn man trotz Medikation nicht mehr schmerzfrei gehen kann, wenn ein nächtlicher Ruheschmerz auftritt und wenn durch die langfristige Einnahme von Schmerzmitteln Schäden an Magen oder Nieren entstehen, dann wird ein künstliches Gelenk empfohlen“, so der Orthopäde.

Aufbau eines künstlichen Hüftgelenks

Ein künstliches Hüftgelenk bestehe heutzutage hauptsächlich aus zwei verschiedenen Materialien. „Die Teile, die im Oberschenkelknochen und im Becken verankert sind, bestehen aus Titanlegierungen. Dazwischen sind zwei bewegliche Gleitpartner, die üblicherweise aus Keramik bestehen“, erklärt Dr. Mauer-Ertl. Mittlerweile würden künstliche Hüftgelenke durchaus 30 Jahre und länger halten. „Es gibt allerdings Faktoren, die eine weiter Operation nötig machen. Dazu gehört unvorhersehbarer Materialabrieb, eine Lockerung im Knochen oder im ungünstigsten Fall eine Infektion. Dies stellt aber absolut die Ausnahme dar“, so Dr. Maurer-Ertl.

Hüft-OP: Ablauf, Nachwirkungen und Risiken

Eine Operation für ein künstliches Hüftgelenk laufe heutzutage minimal-invasiv ab. „Die Muskulatur wird nicht mehr durchtrennt, sondern nur zur Seite geschoben. Am Knochen wird der Schenkelhals entfernt und durch die Implantate ersetzt“, erläutert Dr. Mauer-Ertl den Ablauf einer Hüft-OP. Bei Komplikationen unterscheide man zwischen zwei Kategorien. „Intraoperative Komplikationen treten während der OP auf, dazu gehören Blutungen oder Sprünge im Knochen, die durch das Einschlagen der Prothese entstehen. Nach der Operation kann eine Thrombose oder im schlimmsten Fall eine Embolie entstehen“, so der Orthopäde.

Nach einer Operation könne man im Idealfall direkt mit schonendem Gangbild die Hüfte belasten. „Die Reha und Mobilisierung beginnt bereits am ersten Tag nach der OP. Unter physiotherapeutischer Anleitung lernt man dann, wie man richtig eine Stiege geht oder das Hinsetzen und Aufstehen. Bereits nach zwei bis vier Wochen kann man die Stützkrücken weglassen und mit schonendem Gang die Hüfte voll belasten“, erklärt der Oberarzt. Es gäbe noch das zusätzliche Angebot für eine dreiwöchige stationäre Reha, in Summe sollte man nach ungefähr drei Monaten ohne Stützkrücken und mit normalem Gangbild gehen können.

Vermeidung von Infektionen

Um eine potentielle Infektion nach einer OP zu vermeiden, empfiehlt der Orthopäde regelmäßige Zahnarztkontrollen. „Zähne sind oftmals ein nicht erkannter Streuherd für bakterielle Infektionen, bei dem Bakterien über die Blutbahnen verteilt werden“, so Dr. Maurer-Ertl. Grundsätzlich gäbe es keine körperlichen Einschränkungen mit einem künstlichen Hüftgelenk. Sollten dennoch Schmerzen auftreten, so müsse man diese unbedingt medizinisch abklären lassen. „Mit einem Kontrollröntgen und einer Laborkontrolle wird überprüft, ob die Prothese richtig sitzt und ob es sich um eine Infektion handelt. Üblicherweise handelt es sich aber um harmlose Sehnenansatzentzündungen, die ohne Probleme behandelt werden können“, erklärt Dr. Maurer-Ertl.

Die richtige Vorbeugung fasst der Oberarzt so zusammen: „Schonende Bewegungen und der alte Spruch ‚Wer rastet, der rostet‘ sind grundsätzlich wichtig. Die ursprüngliche Ursache von Arthrosen ist aber bis heute nicht ganz geklärt.“ 

Jeden zweiten Donnerstag auf Radio Burgenland

Die „Radio Burgenland Sprechstunde“ wird jeden zweiten Donnerstag von 15 bis 16 Uhr auf Radio Burgenland ausgestrahlt. Ärztinnen und Ärzte der KRAGES sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen Dienste Burgenland antworten in der Sendung auf Fragen der Moderatorinnen und Moderatoren zu aktuellen Gesundheitsthemen.

"Radio Burgenland Sprechstunde" - Landesstudio Burgenland (orf.at)