Anästhesie: „Vollnarkose ist sehr sicher“

Univ.-Doz. Primaria Dr.in Ulrike Weber, Leiterin der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Klinik Oberpullendorf, sprach über das Thema „Anästhesie“ in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner.   

Die Angst vor einer Vollnarkose beschäftige nach wie vor viele Menschen. Viele Eingriffe wären allerdings ohne Narkose gar nicht möglich. Primaria Dr.in Ulrike Weber erklärt dazu: „Mittlerweile ist die Narkose sehr sicher, deutlich sicherer als beispielsweise am Straßenverkehr teilzunehmen oder mit dem Flugzeug zu fliegen. Das Risiko an einer Narkose zu sterben liegt heutzutage unter 0.008 Prozent.“ Neben einer Vollnarkose gäbe es auch die Möglichkeit, nur bestimmte Teile des Körpers zu betäuben. „Es hängt vor allem von der Art des Eingriffes ab. Eine Spinalanästhesie verwendet man etwa bei einem chirurgischen Eingriff in der unteren Körperhälfte. Bei einem Eingriff beispielsweise am Unterarm kann man einen Plexus-Block verwenden, um das Areal zu narkotisieren“, so Primaria Dr.in Ulrike Weber.

Anästhesiegespräch wichtig zur Vorbereitung

Für die Auswahl der Methode sei das Anästhesiegespräch sehr wichtig. Dabei werde mit den Patientinnen und Patienten auf ihre Grunderkrankungen, ihren Gesundheitszustand und ihre Wünsche eingegangen. „Nach dem Gespräch wird individuell entschieden, welche Narkoseform für die Operation die passende ist. Daher ist es auch wichtig, dass die Patientinnen und Patienten ihre Vorbefunde und Medikamentenliste zu dem Gespräch mitnehmen. Außerdem sollten die gestellten Fragen im Anästhesiegespräch unbedingt wahrheitsgetreu beantwortet werden“, erläutert Primaria Dr.in Ulrike Weber. Nur wenn die Angaben stimmen, könne die Narkose richtig eingestellt werden.

Fortschritte in den letzten Jahren

In den letzten Jahren habe sich viel verändert im Bereich der Narkose. „Die Medikamente sind viel verträglicher geworden, Übelkeit nach der Narkose bleibt fast immer aus. Auch andere Nebenwirkungen wie Blutdruckabfälle sind leicht beherrschbar. Für Narkosen nimmt man hauptsächlich intravenöse Medikamente oder zur Aufrechterhaltung während des Eingriffes Narkosegase“, so Primaria Dr.in Ulrike Weber. Ob bei der Narkose intubiert werden müsse, hänge von der Art des Eingriffes ab. „Es gibt neben dem Beatmungsschlauch gibt es auch die Larynxmaske, die im Kehlkopf platziert wird. Diese Maske wird hauptsächlich für kürzere Eingriffe verwendet. Bei sehr kurzen Eingriffen gibt auch die Möglichkeit einer Sedierung, bei der man nur eine Sauerstoffmaske bekommt und selbstständig atmet“, sagt Primaria Dr.in Ulrike Weber.

Zum Risiko erklärt Primaria Dr.in Ulrike Weber: „Im Endeffekt sind alle Verfahren sehr sicher. Bei Risikopatienten ist die Regionalanästhesie noch etwas sicherer als eine Vollnarkose.“ Die Ängste von Patientinnen und Patienten seien nicht mehr so groß wie in der Vergangenheit. „Aus den Gesprächen kann man sagen, dass die Patientinnen und Patienten oftmals schon gut Bescheid wissen und sich schon vorab informieren“, so Primaria Dr.in Ulrike Weber.

Unerwünschte Wachheit in Narkose extrem selten

Eine Angst vieler Menschen sei es, trotz Narkose alles zu spüren und sich aber nicht bemerkbar machen zu können. „Man nennt diese Phänomen ‚Awareness‘. Es tritt extrem selten auf, bei etwa ein bis zwei Promille aller Vollnarkosen. Durch die guten Überwachungsmöglichkeiten wird es auch immer seltener. Das Phänomen tritt am ehesten bei Betroffenen mit Drogenmissbrauch oder chronischen Schmerzsyndromen auf“, erklärt Primaria Dr.in Ulrike Weber. Das Unterbewusstsein könne in der Narkose auch beeinflusst werden. Beruhigende Worte oder Musik sollen sich auf das spätere Schmerzempfinden positiv auswirken. „Zuerst wird der Schmerz von den Schmerzfasern zum Rückenmark und weiter ins Gehirn geleitet. Im Gehirn kommen zu dem Schmerz unsere Emotionen hinzu. Eine angenehme Umgebung und positive Stimulation können sich positiv auf die Narkose und den späteren Schmerzmittelbedarf auswirken. Wer ruhig einschläft, wacht auch ruhig wieder aus der Narkose auf“, so Primaria Dr.in Ulrike Weber. Der Prozess des Aufwachens sei auch wichtig, hier müsse man den Patientinnen und Patienten ruhig und positiv zureden.