Harnblasentumor: „Rauchen ist der größte Risikofaktor“

Primarius Dr. Gottfried Pfleger, Leiter der Abteilung für Urologie der Klinik Oberwart, sprach über das Thema „Harnblasentumor“ in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 29. Juni 2023 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner.  

Harnblasentumore gehören zu den zehn häufigsten Tumorerkrankungen in Österreich. Primarius Dr. Gottfried Pfleger erklärt: „Der Harnblasentumor ist dennoch sehr unterschätzt und ist im Bewusstsein der Bevölkerung nicht so präsent wie etwa der Prostatatumor oder das Mammakarzinom.“ Im Frühstadium sei es schwer, Harnblasentumore zu bemerken, da es normalerweise noch keine Symptome gibt. „Das ist ein Teil des Problems. Das erste Symptom ist meistens eine Mikrohämaturie, das sind Blutspuren im Harn, die mit freiem Auge noch nicht erkennbar sind“, so der Urologe. Dies werde meistens im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen oder bei Routinekontrollen beim Gynäkologen bzw. Urologen festgestellt. Früher wären deutlich mehr Männer von Blasentumoren betroffen gewesen als Frauen. „Das hat sich aber mittlerweile mehr ausgeglichen. Das hängt unter anderem mit dem Rauchverhalten zusammen. Mit der steigenden Zahl an rauchenden Frauen haben auch die Blasentumore bei Frauen zugenommen“, erklärt Primarius Dr. Gottfried Pfleger. Der stärkste Risikofaktor sei das Rauchen, das wäre auch statistisch bewiesen.

Früherkennung wichtig für Behandlung

Eine Früherkennung sei bei einem Blasentumor sehr günstig für die Behandlung. „Üblicherweise geht man über die Harnröhre in die Blase rein, der Tumor wird abgehobelt und dann ausgespült. Das funktioniert aber nur, wenn der Tumor noch nicht so groß ist. Wenn der Tumor fortgeschritten ist muss manchmal als letzte Konsequenz die gesamte Blase entfernt werden“, so Primarius Dr. Gottfried Pfleger. Ohne Blase würden die Betroffenen eine Harnableitung benötigen. „Dabei gibt es zwei Varianten. Man kann ein kurzes Dünndarmstück als Blasenersatz nehmen, dabei braucht man ein Stoma und einen Harnsack, wo sich der Harn sammelt. Bei der anderen Variante nimmt man ein größeres Darmstück und formt daraus eine neue Blase“, erklärt der Leiter der Abteilung für Urologie. Die Betroffenen brauchen entsprechende Therapie und Schulungen, um mit der Ersatzblase umgehen zu können. „Die Betroffenen haben kein Füllungsgefühl und müssen die Ersatzblase mit Druck auf den Bauch entleeren. Das beeinträchtigt natürlich im Alltag, aber wenn die Betroffenen gut geschult sind, geht nicht so viel von der Lebensqualität verloren“, so Primarius Dr. Gottfried Pfleger.

Zusätzliche Therapien und Nachsorge

Ob eine begleitende Chemotherapie notwendig ist, sei abhängig vom Tumorstadium. „Die meisten Tumore werden glücklicherweise in einem Stadium gefunden, wo eine weiterführende Therapie nicht notwendig ist. Haben sich bereits Metastasen gebildet, so ist eine Chemotherapie oder Immuntherapie notwendig“, so Primarius Dr. Gottfried Pfleger. Die Nachsorge bei einem Blasentumor erfolge durch eine Fachärztin oder einen Facharzt im niedergelassenen Bereich. „Meist ist es ausreichend, alle drei Monate eine Blasenspiegelung durchzuführen. Ein Problem bei Blasentumoren ist, dass diese oft an verschiedenen Stellen in der Blase wiederkommen. Deshalb ist die Kontrolle auch ohne Beschwerden sehr wichtig“, erklärt Primarius Dr. Gottfried Pfleger.

Blasentumore werden bei Frauen oftmals später erkannt als bei Männern, da eine Mikrohämaturie oft als Folge einer Entzündung interpretiert werde. „Je später eine Diagnose gestellt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine große Operation oder eine Chemotherapie. Leider werden Harnblasentumore bei Frauen oft erst später erkannt als bei Männern“, so Primarius Dr. Gottfried Pfleger. Ein Harnblasentumor sei im Frühstadium sehr gut behandelbar. „Der Eingriff durch die Harnröhre hindurch beeinträchtigt die Lebensqualität nicht stark, ein Krankenhausaufenthalt von drei bis vier Tage ist ausreichend“, so der Urologe.

Rauchentwöhnung als Vorbeugung

Abschließend fasst Primarius Dr. Gottfried Pfleger zusammen: „Die beste Vorbeugung gegen Blasentumore ist Rauchentwöhnung bzw. Rauchprophylaxe bei Jugendlichen. Hier müsst noch mehr gemacht werden, damit Jugendliche gar nicht erst mit dem Rauchen anfangen. Der Schlüsselfaktor für eine Behandlung ist die Früherkennung, deshalb ist die Vorsorgeuntersuchung wichtig. Ab einem Alter von etwa 45 Jahren sollte auch regelmäßig der Urologe aufgesucht werden.“