Krebstherapien und Vorsorge: „Früherkennung und gesunder Lebensstil sind wichtig“

Oberarzt Dr. Wolfgang Stangl, Leiter der Onkologie im Krankenhaus Oberwart sprach über die Themen Krebstherapien und Vorsorge in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 15. September 2022 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner.

Die Diagnose „Krebs“ sei für alle Menschen im ersten Moment ein Schock. OA Dr. Wolfgang Stangl erklärt: „Die psycho-onkologische Unterstützung wird daher in allen Krankenhäusern angeboten, es gibt dafür eigens ausgebildete Psychologinnen und Psychologen. Aber auch die Krebshilfe Burgenland bietet breitflächig und kostenfrei eine psycho-onkologische Unterstützung an.“

Aufklärungsgespräche wichtig bei Diagnose

Die betroffenen Patientinnen und Patienten aber auch ihre engsten Angehörigen sollten über die Krebserkrankung und ihre Ausbreitung genau informiert werden. „Entscheidungen sollten nicht über die Patientinnen und Patienten hinweg getroffen werden. Der Weg der Behandlung muss gemeinsam absolviert werden. Wir können keine Therapiestrategie entwickeln, wenn die Betroffenen nicht bis ins letzte Detail aufgeklärt sind“, so der Leiter der Onkologie im KH Oberwart. Der Weg der Behandlung sei bei jeder Patientin und bei jedem Patienten unterschiedlich. „Bei manchen ist bereits die Vermutung einer Krebserkrankung vorhanden, da ist die Aufklärung einfacher. Es gibt aber auch Menschen, die die Diagnose nicht verarbeiten können und diese verdrängen wollen, hier sind mehrmalige Gespräche notwendig. Viele Menschen akzeptieren aber auch die Diagnose und haben einen pragmatischen Umgang damit“, so der Oberarzt. Bei den Angehörigen sollten jene miteinbezogen werden, die der Patient oder die Patientin miteinbeziehen möchte.

Chemotherapie: Rückgrat einer Krebsbehandlung

Chemotherapie habe sich im Vergleich zu früher weiterentwickelt, vor allem die Nebenwirkungen seien besser geworden. „Die behandelnden Personen sind viel mehr spezialisiert also noch vor einiger Zeit. Die Chemotherapie ist weiterhin das Rückgrat einer Krebsbehandlung, weil man damit den Krebs unter Kontrolle halten kann“, erläutert Dr. Stangl. Bei den Nebenwirkungen habe man Übelkeit und Erbrechen besser im Griff als früher, schwere Müdigkeit hingegen könne man nicht behandeln. „Es gibt auch noch seltene Nebenwirkungen wie Schädigung der Nerven oder des Knochenmarks, die wir aber wahrnehmen und behandeln können“, so Dr. Stangl.

Weitere Therapieansätze

Strahlentherapie könne gegen alle Krebsarten helfen, am häufigsten wird sie eingesetzt als Nachfolgebehandlung einer Brustkrebserkrankung oder bei Enddarmkrebs. „Grundsätzlich ist die Strahlentherapie zur Linderung von Schmerzen in allen Bereichen des Körpers sinnvoll“, so Dr. Stangl. Jeder Tumor werde mittlerweile auf genetische Veränderungen untersucht, so können für jeden einzelnen Krebs spezielle Medikamente gefunden werden. „Diese Vorgehensweise nennt man zielgerichtete Therapie. Die Nebenwirkungen werden dadurch weniger und man kann sich oft sogar die Chemotherapie ersparen, weil das Ziel der genetischen Veränderung bekannt ist, welche den Krebs ausgelöst hat“, so der Leiter der Onkologie im KH Oberwart. Eine weitere Art der Therapie, die Immuntherapie, werde bereits seit vielen Jahren verwendet und man habe damit gute Erfahrungen gemacht: „Dabei versucht man die körpereigene Immunantwort so zu stärken, dass der Körper selbst den Krebs angreifen kann.“

Vermeidung und Vorsorge

Zur Vermeidung von Krebserkrankungen gebe es viele wissenschaftliche Studien. „Zuletzt wurde veröffentlicht, dass die Hälfte der Krebserkrankungen bei Männern und ein Drittel bei Frauen auf Risikofaktoren zurückzuführen ist, die vermeidbar wären. Zum Beispiel könnten 37 Prozent der Lungenkrebserkrankungen durch das Minimieren von Rauchen vermieden werden“, erklärt der Oberarzt. Impfungen gegen Virusinfektionen im Bereich der Geschlechtsorgane oder gegen Hepatitis wären ebenfalls Strategien um die Häufigkeit von bestimmten Krebserkrankungen zu mindern. „Bevor wir über Therapien reden, sollten wir zuerst bei diesen Punkten ansetzen“, fordert Dr. Stangl.

Zur Vorsorge gehöre auf jeden Fall ein gesunder Lebensstil. „Nicht rauchen, wenig bis keinen Alkohol trinken und sich so ernähren, dass man nicht unter Fettleibigkeit leidet“, erklärt der Oberarzt. „Früherkennungsuntersuchungen sind ebenfalls wichtig. Frühe Brustkrebse sind zu 90 bis 95 Prozent heilbar, ähnlich ist es auch beim Dickdarmkrebs“, fügt Dr. Stangl hinzu. Frauen würden dabei viel häufiger zur Vorsorge gehen als Männer und haben daher niedrigere Krebsraten als Männer. „Darmspiegelungen als Vorsorgeuntersuchungen nehmen nur acht Prozent der Männer in Anspruch, bei Frauen sind es immerhin 15 Prozent. Auch bei der Prostatakrebs-Vorsorge werden die Angebote von vielen Männern nicht häufig genug genutzt. Daher versuchen wir auch immer wieder über Kampagnen mehr Männer dazu zu bringen, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen“, schließt der Onkologe.

Jeden zweiten Donnerstag auf Radio Burgenland

Die „Radio Burgenland Sprechstunde“ wird jeden zweiten Donnerstag von 15 bis 16 Uhr auf Radio Burgenland ausgestrahlt. Ärztinnen und Ärzte der KRAGES sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen Dienste Burgenland antworten in der Sendung auf Fragen der Moderatorinnen und Moderatoren zu aktuellen Gesundheitsthemen.

"Radio Burgenland Sprechstunde" - Landesstudio Burgenland (orf.at)